00:45 – Flughafen Delhi. Zum ersten Mal führt mich eine
Skireise nach Indien. Und nicht nur ich komme mir am Flughafen etwas unplatziert
vor mit meinen Skischuhen an der Schulter. Auch
die Leute um mich herum bewundern meine interessanten „plastic shoes“ und
fragen mich, wozu diese denn gut sein könnten. „Skiing“ sage ich, aber so
richtig verständnisvolle Blicke ernte ich dann trotzdem nicht. Aber die Inderinnen findens sexy, und das ist eigentlich alles was zählt.
Wo kann man denn überhaupt Skifahren in Indien? Ganz klar:
im Himalaya – im Norden Indiens. Das eine ist Gulmarg, ein Skidorf auf 2.600
Meter Höhe mit einer der höchsten Gondelbahnen der Welt. Das zweite bekannte
Gebiet befindet sich in Himachal Pradesh Manali und ist die Basis von Himalayan
Heli Adventures. Beide Gebiete möchten ich und mein Freund Roman auf dieser Reise besuchen.
Zuvor jedoch muss man durch einen wilden Behördendschungel.
Das Visum ist bereits vor Abreise zu besorgen, doch schon beim Check-in in Wien
muss die Passnummer und Visumnummer mit Ausstellungsort und Datum erfasst
werden. „Das wird von uns direkt in die Datenbank der Einreisekontrolle
weitergeleitet“ heißt es vom freundlichen Austrian Airlines Mitarbeiter. Das
nächste mal füllen wir das Formular im Flugzeug aus und – oh Wunder – ein weiteres
Mal bei der Einreise in Delhi.
Geldwechsel am Flughafen ohne Formular mit Reisepassdaten,
Adresse, Visumdaten – natürlich unmöglich. Und wäre es nicht schon genug gibt
es auch im Hotel beim Check in das gleiche Prozedere. Die Hotellobby erreichen
wir übrigens nur durch doppelt gesicherte Absperrungen sowie Körper- und
Gepäckscan. Bis wir im Zimmer sind ist es bereits nach 02:00 Uhr morgens. Perfekt – jetzt noch im Livestream WM Slalom
schaun und dann zufrieden einschlafen. Gratulation an JB Grange, Dopfer und den
Felix Neureuther.
Um 08:00 läutet bereits der Wecker und es geht wieder ab zum
Flughafen. Hier heißt es früh genug dran sein, denn die Sicherheits-checks sind
ausführlich und nehmen weit über eine Stunde in Anspruch. Schließlich landen
wir nach weniger als 2 Stunden Flug in Srinagar. Von hier sollten es nur ca. 1
Stunde Fahrzeit in unser Ziel Gulmarg sein. Wäre es vielleicht auch, gäbe es
nicht wieder ein Formular mit Adresse, Visumdaten, Passdaten, Kontakt in Indien,
Kontakt in Österreich, Reisebüro wo man gebucht hat, Unterhosengröße und ob der
Opa Schnupfen hat.
Dann ist es genau so, wie man es sich von Indien erwartet:
Laut, hektisch, chaotisch. Wir werden begrüßt von vielen Menschen, die alle
behaupten für uns zuständig zu sein. Es braucht ein wenig bis wir sicher sind,
dass uns die richtige Person ins richtige Taxi setzt. Dort warten wir im Auto.
Er müsste nur noch kurz 2 andere Personen holen. Nach einer Stunde taucht der
Fahrer wieder auf, wortlos ohne die weiteren Fahrgäste macht er sich auf den
Weg nach Gulmarg.
Die Fahrt ist abenteuerlich. So ähnlich wie man es in den
verrückten Videos auf Youtube sieht. Die Hupe ist das wichtigste Instrument, auf
den Straßen herrscht ein sonderbar geordnetes Chaos. Der Blick aus dem Fenster
bringt den Kulturschock. Straßenhändler und Geschäfte entlang der Straßen in
verfallenen Häusern, allgegenwärtige Militärpresenz, Plastikmüll an jedem Eck.
Noch erschließt sich mir die Schönheit Indiens nicht. Aber is ist spannend und
aufregend und ich sauge die Eindrücke in mich auf.
Erst 10 Kilometer vor Gulmarg steigt die Schneedecke endlich an. Endlich Schnee! Kurz nach der Ortschaft Tangmarg führt uns die Serpentinenstraße von 2.000 m bis auf 2.600 Meter nach Gulmarg. Kurz vor Erreichen des Hotels bleibt unser Fahrer hängen und montiert Schneeketten.
Am Parkplatz des Hotels werden wir gleich von unserem Guide
begrüßt – dachten wir. Wir vereinbaren Abholzeit, Skimiete, tauschen
Telefonnummern. Erst am Abend erfahren wir, dass es gar nicht unser Guide war, sondern nur jemand, der sich wohl ein wenig Geld verdienen wollte.
Der richtige Guide von Kaschmir Heliskiing besuchte uns am Abend im Hotel
Highlands Park. Muscha sein Name – und nachdem es drei Guides mit Namen Muscha bei
Kaschmir Heliski gibt, wird er Muschi genannt – um Verwechselungen zu vermeiden.
Was das bedeutet erfuhr er erst als er seine ersten
deutschsprachigen Gäste führte. „Hi, I am Muschi“ stellte er sich vor, und
bemerkte bald, dass mit dem Namen etwas nicht stimmte. Danach brachte er uns im
rallyemässigen und gar nicht muschihaften Fahrstil in die
Basis von Kashmir Heliskiing, wo wir Billa (den Inhaber) und Katrin (seine
deutsche Freundin) trafen.
Nach dem Ausfassen der Sicherheitsausrüstung (die übrigends
auf dem neuesten und besten Stand ist) geht es wieder zurück ins Hotel. In der Hotelbar treffe ich 3
Burschen aus Bad Häring, nur 10 Kilometer von meinem Heimatort entfernt. Dazu
einen Lawinenexperten aus Utah, der meinen Vater kennt und einen
Schweizer Banker, der mit einem meiner Kunden befreundet ist. Die Welt ist
klein.
Die Bar im Highlands Hotel. |
Es wird noch ein Weilchen dauern, bis ich mich an den
indischen Lebensstil gewöhne, aber ich fühle mich schon recht wohl. Das Hotel ist landestypisch und sehr gemütlich. Morgen geht
es das erste Mal in den Schnee und jetzt genieße ich die wohlige Wärme des Ofens in unserem Zimmer.
Romantisches Zimmer. |